Sarah di Santo bringt italienisches Lebensgefühl in den Münchner Schlachthof | Femtastics

BY LISA VAN HOUTEM

Es gibt wenige Nachbarschaften in München, die voller authentischer Geschichte stecken und auf kreative Weise zweckentfremdet werden – eine davon ist der alte Schlachthof.
Auf dem Gelände treffen sich Feierwütige ebenso wie Mittagspäusler, die ganz gezielt zu einem kulinarischen Teil des Gebäudes pilgern: dem Monti! In dem italienischen Bistro gibt es das perfekte Panini mit Prosciutto. Und weil das Monti viel mehr kann als Panini, haben wir uns mit der Inhaberin, Girlboss und Powerfrau Sarah di Santo, unterhalten.

femtastics: Seit wann gibt es das Monti?

Sarah di Santo: Das Monti gibt es seit 1999. Es war schon immer ein Bistro und italienischer Supermarkt in einem. Bistro vor allem wegen der hohen Stühlen im Hauptbereich. Ein netter Touch, den wir gerne beibehalten. Aber eigentlich ist das Monti heute vor allem ein Restaurant plus italienische Feinkost.

Willkommen im Monti! Stilecht mit karierten Tischdecken.

Man trinkt hier, und kann sich – wenn man möchte – direkt die entsprechende Kiste vom Wein mit nach Hause nehmen.

Du hast das Monti 2011 übernommen – wie kam es dazu? Was hast du davor gemacht?

Ich komme eigentlich aus dem Marketing und war vorher bei LVMH Moët Hennessy. Mein Eindruck war, wenn man in so einem Großkonzern vorankommen möchte, fährt man entweder die Ellenbogen aus oder man lässt es ganz. Als mir dann meine Freundin erzählte, dass das Monti verkauft wird, wollte ich es einfach versuchen. Meine Freundin ist Gastronomin, ich kenne mich gut im Marketing und PR Bereich aus. Wir dachten, das müsste eigentlich ganz gut funktionieren. Seit 2013 leite ich das Restaurant allein.

Das Monti war schon früher sehr bekannt in München und hatte feste Stammgäste. Seid ihr zu Beginn der Übernahme auf Widerstand gestoßen?

Auf Widerstand eigentlich nicht, eher auf Neugierde – so in Richtung: „Jetzt schaun wir mal, ob die das schaffen, die zwei Mädels!“. Wir wurden schon streng beobachtet.

Was war die größte Herausforderung der Selbstständigkeit für dich?

Das Personal. Ohne das richtige Personal funktioniert’s ja nicht – und das wissen die Mitarbeiter auch. Wenn man auf so viele Menschen angewiesen ist und eine Veranstaltung mit 90 Personen hat, dann muss wirklich alles stimmen.

Das Monti liegt in der Zenettistraße 11 in München.

Ich finde es sehr wichtig, dass man sich gegenseitig unterstützt.

Das Interview führt femtastics-Autorin Verena Prechsl.

War es anfänglich schwierig für dich, dich durchzusetzen als Chefin?

Ja, extrem schwer. Erstens komme ich nicht aus der Gastronomie, zweitens bin ich blond, drittens bin ich unter 30 und kann kein Italienisch. Da wird einem nicht viel zugetraut.

Hat sich das geändert?

Mittlerweile ist klar, dass ich hier der Chef bin. Das hat sich dann schon ergeben (lacht). Und durch die vielen Italiener hier im Monti habe ich Italienisch gelernt. Ich hätte mich sonst nicht verständigen können. Tatsächlich spreche ich eher „Küchen-Italienisch“, da es sich sehr auf das Restaurant konzentriert.

Was ist dir besonders wichtig als Unternehmerin?

Ich finde es sehr wichtig, dass man sich gegenseitig unterstützt. Deshalb begrüße ich es, dass es gerade mehr und mehr zunimmt, dass sich – gerade Frauen – gegenseitig supporten, Netzwerke gründen und sich austauschen. Wir haben nun mal wirklich viele Aufgaben und nur weil man Chefin oder Inhaberin ist, darf ja das Zuhause nicht auf der Strecke bleiben.

Da sind dann vielleicht Kinder oder Hunde oder Freunde und das alles unter einen Hut zu bringen, ist eine Herausforderung. Ich glaube, da können wir uns gegenseitig viel unter die Arme greifen. Und wenn das nur mal ein Tipp für eine tolle Kosmetikerin ist, die direkt ums Eck ist und ich eine halbe Stunde meiner Zeit einsparen kann. Sowas ist einfach Gold wert! Das sind echt Kleinigkeiten, aber es sind wichtige Kleinigkeiten.

Wolltest du schon immer ein Restaurant leiten?

Auf gar keinen Fall. Ich war nie der Typ, der in die Gastronomie wollte. Es hat sich in dem Moment einfach richtig angefühlt, den Schritt zu gehen. Ich hatte meine Fühler ausgestreckt und musste die Gelegenheit ergreifen. Damals wäre ich einfach wieder bei meinen Eltern eingezogen, falls es nicht geklappt hätte. Allerdings plane ich nicht, bis an mein Lebensende Restaurant-Besitzer zu sein, das ist mir einfach viel zu anstrengend.

Wie sind deine Arbeitszeiten?

Lang (lacht). Wir haben eine Sechs-Tage-Woche, nur Sonn- und Feiertags geschlossen. Ich komme immer um 9 Uhr und wenn wenig los ist, kann ich auch schon um 21 Uhr gehen. Und wenn nicht, dann bleibe ich halt bis zum Schluss. Aber das kommt mir nicht lang vor. Es passiert immer so unglaublich viel: ständig kommen neue Leute rein, das Telefon klingelt, irgendeiner will dich immer sprechen, ich muss immer wieder einspringen, oder schnell einkaufen gehen, weil etwas fehlt … Und schon ist der Tag rum.

Wie sieht dein Tag aus?

Ich wünschte, ich könnte meinen Tag strukturiert planen, aber das klappt leider nie. In der Früh mache ich Büroarbeit und Organisatorisches. Dann bin ich zu den Stoßzeiten hier und helfe mit. Ich bin wirklich überall. Meistens eher vorne, um die Gäste zu begrüßen. Dann helfe ich mal in der Feinkost aus oder spreche was mit der Küche ab.

Ich komme immer um 9 Uhr und wenn wenig los ist, kann ich auch schon um 21Uhr gehen.

Sarah macht uns einen echten italienischen Espresso.

Was verkörpert Italien für dich?

Ich bin in München geboren. Der erste Urlaub geht ja quasi immer Richtung Italien. Wenn ich an Italien denke, denke ich an die tollen Menschen, die wunderbare Ess- und Trink-Kultur. Das Lebensgefühl, dieses „Dolce Vita“, ist einfach unheimlich besonders.

Kulinarisch betrachtet: Auf welche Jahreszeit freust du dich schon jetzt?

Auf den Sommer! Da gibt es sehr viel Fisch auf unserem Menü. Wir haben generell eine komplett italienisch-ausgerichtete Karte: Erst kommt ein Antipasto, dann ein Primo (meistens Pasta oder Risotto) und dann der Secondo mit Fisch oder Fleisch. Im Sommer ist das eine unheimlich leichte Küche: zum Beispiel starten wir mit einem Pfirsich Carpaccio mit Mozzarella, gefolgt von einer Pasta mit Taschenkrebs oder Hummer als Primo und dann ein schönes T-Bone Steak vom Grill als Secondo – das ist ein Traum!

Ich war beruflich schon immer in Kontakt mit Champagner und Wein. Wir gehen viel auf Messen, probieren viel aus und mit der Zeit habe ich gelernt, feine Nuancen rauszuschmecken und merke inzwischen schnell, was passt und was nicht. Das macht richtig Spaß – und wenn etwas Spaß macht, dann möchte man automatisch besser darin werden und mehr lernen.

Hast du eine Faustregel für alle, die sich nicht so gut mit Weinen auskennen? Was passt garantiert zu welchem Gericht?

Generell unterscheidet man heute nicht mehr nach Rot oder Weiß, je nachdem was man auf dem Teller hat. Zum Fisch geht zum Beispiel auch Rotwein. Wir haben regelmäßig Wein-Events, bei dem ein Winzer seine Weine vorstellt und wir ein Menü dazu entwerfen. Wenn wir Fisch im Menü unterbringen wollen, überlegen wir, was dazu passen könnte. Dabei stimmen sich Sommelier und Chefin ab und bestimmen die Aromen des Weins. Bei dem Fisch-Beispiel kam eine Zubereitung heraus, bei der der Fisch auf der Haut gebraten wurde, wobei Röstaromen entstehen, die wiederum sehr gut zum Rotwein passen.

Meine persönliche Komposition zum Reinlegen ist ein leicht gekühlter Pinot Nero bei 14°C und dazu ein Thunfisch-Tartar.

Was würdest du anderen raten, die ein Bistro oder Restaurant aufmachen möchten?

Man muss wirklich die Leidenschaft dafür mitbringen! Man muss jeden Morgen aufstehen und sagen: Hey, ich freu mich auf den Tag und darauf, dass Gäste kommen, die meinen Lebensunterhalt sichern, die ihr Geld bei mir ausgeben und nicht woanders. Da muss man einfach total Bock drauf haben – das merken dann auch die Gäste.

Essen und Trinken sind einfach die wichtigsten Grundbedürfnisse der Menschen – und das muss dann auch was G’scheits sein.

Vielen Dank für das Interview, liebe Sarah!

Interview: Verena Prechsl

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